Durchschnittliche Weinmenge aber sehr guter Jahrgang. In der Steiermark erbrachte die Weinernte 2020 nach den endgültigen Ergebnissen der Statistik Austria 238.500 Hektolitern mengenmäßig eine durchschnittliche Weinernte. Das wäre geringfügig weniger als im Jahr 2019 (ca. 241.000 Hektoliter). Hektoliter (nach Anbaugebieten: Südsteiermark: 125.611, Weststeiermark: 29.523, Vulkanland Steiermark: 83.424). Die österreichische Weinernte betrug lt. Statistik Austria 2,40 Mio. hl. Der steirische Anteil zur österreichischen Weinernte liegt 2020 bei 9,9 %.
Heuer erwarten wir einen klassisch steirischen Jahrgang mit frischer Säure und moderatem Alkoholgehalt. Einfach einen typischen Steirer.
Die Wintermonate bis März waren überdurchschnittlich mild und viel zu trocken. Schnee hat es bis zu diesem Zeitpunkt in den Weinbaugebieten praktisch keinen gegeben. Bereits Ende März hatten wir gegenüber dem langjährigen Mittelwert ein Niederschlagsdefizit von zwei Dritteln. Auch zeigte sich der Winter heuer ohne wesentliche Kälteperioden. Beispielsweise konnten an der Wetterstation Bad Gleichenberg bis Ende April nur 87 Liter Niederschlag aufgezeichnet werden, wobei die Hälfte davon im April fiel.
Die Reben wurden in der Entwicklung durch die kalten Nächte im Zeitraum Ende März bis Anfang April so weit in der Entwicklung gebremst, dass der Austrieb zur gewohnten Zeit und ohne nennenswerte Schäden erfolgte.
Der kühle Mai bremste die Entwicklung in den Weingärten geringfügig, sodass erst mit Einsetzen einer wärmeren Periode Anfang Juni die Rebblüte startete. Erste Blüten konnten ab dem 5. Juni bei den Rebsorten Muskateller, Chardonnay, Zweigelt und Blauer Wildbacher beobachtet werden. Spätblühende Sorten folgten kurz danach. Zu diesem Zeitpunkt war die Vegetation gegenüber dem Vorjahr um mindestens eine Woche im Verzug.
Der Sommer gestaltete sich wechselhaft mit gemäßigten Temperaturen, allerdings gab es immer wieder ausreichend Niederschläge in Form von Gewittern. Hitzewellen wie im Vorjahr konnten nicht beobachtet werden, es blieb bei einzelnen Hitzetagen. Der August brachte stabileres sommerliches Hochdruckwetter, welches bis Mitte September anhielt.
Lese begann in der zweiten Septemberwoche. Die Weinlese konnte Mitte September bei optimalem Wetter gestartet werden und dauerte den ganzen September bis weit in den Oktober hinein an. Reife und gesunde Trauben konnten größtenteils unter optimalen Bedingungen geerntet werden.
Durch den etwas verzögerten Blütebeginn und die Verschiebung der Reife in einen etwas kühleren Zeitraum können sich die Konsumenten auf sehr harmonische und ausgewogene Weine freuen, die besonders fruchtbetont ausgefallen sind. Sortentypische Fruchtigkeit in Kombination mit Rasse erwartet die Konsumenten. Erste Verkostungen zeigen bereits, dass der Weinjahrgang 2020 die perfekte Fortsetzung im Reigen der äußerst typischen Weinjahrgänge ab 2017 bringen wird.
Der Welschriesling aus dem 2020er Jahr zeigt sich mit seiner steirischen Art wieder von seiner typischen Seite. In der Farbe ist er zart hellgelb und im Geruch erinnert er an grüne Äpfel und Zitrus. Am Gaumen präsentiert sich der Welschriesling mit einer gewissen Leichtigkeit im Trinkfluss und einer würzigen Säure.
Der Jahrgang 2020 ist noch zurückhaltend, fein fruchtig aber sehr vielschichtig zugleich. Eine langsame Entwicklung mit zurückgesetzter Primärfrucht im Duft verspricht eine Zunahme der Intensität bis über den Sommer hinweg. Einige Vertreter weisen die Aromatik nach grünem oder gelbem Paprika auf, meist herrschen aber reife exotische Noten vor. Diese Weine haben Fruchtausprägungen in Richtung Papaya, Mango oder Maracuja. Das Besondere am 2020er ist aber die immer würzig ausgeprägte Säurestruktur, die die Frucht stützt und intensiviert.
Sensibel in der letzten Reifephase zeigt er sich 2020 von unterschiedlichen Seiten. Klassisch ausgebaute Varianten des Burgunders erinnern häufig an Noten von Birne mit anhaltender „Kreidigkeit“ am Gaumen geben sehr lebendige erfrischende Vertreter ab. Sehr reif geerntete Vertreter der Sorte bestechen durch dezente Frucht, dafür aber umso mehr Ausdruck und Harmonie am Gaumen, wo die Balance von Alkohol und Säure gepaart mit reifen Phenolen einen unkomplizierten und dennoch erfüllenden Trinkgenuss bereitet. Ein typischer Allrounder, der perfekt als Speisenbegleiter eingesetzt sollte.
Der Schilcher des Jahrgangs 2020 präsentiert sich sehr vielfältig. Einige Vertreter weisen eine intensive fruchtige Aromatik nach roter Ribisel oder schwarzer Johannisbeere bis hin zu sehr druckvoller Himbeer- bzw. Waldbeeraromatik auf. Die Säurestruktur trägt sehr zur Lebendigkeit und Frische des Jahrganges bei. Farbenspiele mit traditionellen orangen Reflexen bis hin zu rubinroten Tönen sind der Fall.
In Jahrgängen mit späterer Reife öfters als Sorgenkind gestempelt, weist der Muskateller vom Jahrgang 2020 ein sehr breites Spektrum an Aromen auf. Von intensiven Zitrusnoten, die den eher leicht zu trinkenden Vertretern zugeordnet werden können, über Holunderblüte bis hin zu sehr kräftigen, an Gewürznelken und Heublumen erinnernden Gerüchen und Geschmäckern reicht die Palette. Ein Trendsetter von Frizzante bis zum Riedenwein, der in jedem Reifegrad besticht!
Hier zeigt sich, dass ausschließlich reif geerntete Trauben wertvolle Weine hervorbringen, die auch etwas mehr Zeit im Ausbau benötigen – Orts- und Riedenwein par excellence können erwartet werden.
Der späte Lesetermin bei moderater Zuckerleistung kommt dem Morillon sehr entgegen, dadurch zeigt er würzig pikante Säure bei hoher Dichte und extraktreichem Gaumen bei mäßigen Alkoholgehalten. Die 2020er Morillons erinnern häufig an reife Äpfel, sind gehaltvoll mit extotischen Aromen nach Banane und haben bereits jetzt einen enormen Fruchtschmelz der von Woche zu Woche zulegt.
Ing. Werner Luttenberger